Montag, September 10, 2007

mit Kreide bewaffnet

Daran, dass ich seltsame Ideen habe, die ich gerne irgendwann, irgendwie umsetzen würde, bin ich gewohnt. Daran, von anderen Personen, mit scheinbar vollständigerem Teegeschirr in ihrem imaginären, geistigen Schrank, für solcherlei Ideen belächelt zu werden, ist für mich nichts außergewöhnliches.
Aber was es doch für ein sagenhafter Glücksmoment ist, jemanden zu kennen, der mit mir die Ausgeburten meines Schwachsinns verwirklicht!
Da lacht und tobt das Kind in mir und möchte Seilspringen!

So geschehen am heutigen Abend (eigentlich ist es bereits der gestrige Abend, aber das soll hier nur für die Pedanten unter den Lesern der Vollständigkeit halber hingeschrieben sein. Für mich ist es immernoch heute, weil ich eben erst bis zu meinem Bett gekommen bin).
Ein Schulfreund und ich wollten uns treffen. Da wir aber beide erst gegen 15 wach waren und ich vorher noch anderweitige Pläne hatte, blieb uns nur der Abend, der wegen weiteren Plänen erst um 23 beginnen konnte. Kein Problem, für zwei nachtaktive Menschlein. Die Frage, was man machen soll ist auch schnell geklärt: Mit Straßenmalkreide schreibt man irgendwas Textartiges (Gedicht, Lexikonartikel, spontane Erleuchtungsfetzen, Assoziationsketten, ...) irgendwohin, wo es möglichst viele Menschen am nächsten Tag lesen können, und erfreut sich am nächsten Tag der Vorstellung der verwunderten, verdutzten oder erfreuten, erheiterten, oder erheitert erfreuten Gesichter der neugierigen Passanten.
Wir entschieden uns für die ersten Zeilen des wikipedia-Artikels zum - wie könnte es anders sein - rosa Elefanten. Als Ort wählten wir das örtliche Zentrum für experimentelle Kunst, das ZKM. Bei ihnen hofften wir zumindest auf Verständnis zu treffen.
Leider dachten wir nicht daran, dass sich in direkter Nähe die Bundesanwaltschaft befindet, sodass wir nach " der rosa Elefant ist der klassi " von einem um die Ecke biegenden Polizeiwagen unterbrochen wurden. Die Verwunderung bei den Beamten war riesig. Schließlich ist das Schreiben mit Kreide auf dem Boden nichts verbotenes, wird durch den nächsten Regen weg gespühlt und hinterlässt keine Schäden. Was dagegen spricht, dies nachts zu tun, konnten sie uns nicht sagen. Der Inhalt war ihnen etwas zu abstrakt und belanglos. Wir wurden nur freundlich darauf hingewiesen, dass man es nicht so gerne dort sehen würde. Das macht sie wohl doch etwas nervös. Wer weiß, was wir da genau machen, welch Schandtaten da noch zu erwarten wären.
Nach kurzem Rundgang um die ehemalige Munitionsfabrik, entschlossen wir uns, eine andere Stätte der Kulturhuldigung aufzusuchen - das Staatstheater.
Immer wieder überkamen uns kleinere Panikattaken, weil wir erwarteten erneut polizeiliche Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Wer weiß, ob man uns auch beim zweiten Mal die Wahrheit abkaufen würde.
Mit den letzten Kreidestummeln, gen Schluss weiß durch rosa ersetzend, schrieben wir unsere kurzlebige Nachricht nieder.






Danke an den Mitschöpfer! Das war ein bemerkenswerter Spaß! Danke! Meci! Thanks!

Lang lebe die der Kunst innewohnende Sinnlosigkeit!!!

Und weil es hier jetzt gar nicht zum Kontext passt, hier noch etwas Werbung für Moskauer Gebäude: http://mos-usadba.com/

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Endlich machst Du mal was SINNvolles! ;)
(kleiner Spaß)

yannick

kühlschrank hat gesagt…

Es ist hochgradig sinnvoll! das ist nicht nur Beschäftigung für uns, sondern auch Denkanstoß für Passanten!

Anonym hat gesagt…

Erster Gedanke: "Oh Gott, die sind doch verrückt!"

Zweiter Gedanke: "LOL, ist das geil!"

Dritter Gedanke: "Grml, wieso war ich da nicht dabei!!"

Was wäre die Welt ohne verrückte Ideen :) Sinn hin oder her, es geht um's Prinzip - man muss doch mal ausbrechen, sonst wird man doch wahnsinnig! Leider bezweifle ich, dass man heute noch was lesen kann, ich hätte es gerne mit eigenen Augen gesehen...

Anonym hat gesagt…

Naja immer diese beamten... ich hätte wohl einfach erzählt dass ich Kunst oder Philosophie Student bin und das teil der Studienbemühungen sei... hätte einen Vortrag über wikipedia und das tolle neue Wissen des Proletariats gesprochen und damit hoffentlich jeden Beamten der nicht überdurchschnittlich eifrig ist abgewimmelt.... eine Frage: Habt ihr den rosa Elefanten wenigstens dort gelassen um die botschaft noch interessanter zu gestalten? wäre auch interessant gewesen zu beobachten ob er den nächsten tag dort überlebt hätte... natürlich nur im sinne der Studienbemühungen und im vergleich zu all den Ratten und Affen wäre ein Plüschelefant ja ein sehr geringes opfer im Dienste der Wissenschaft....

kühlschrank hat gesagt…

Kann mich von dem Elefanten nicht wirklich trennen. Bin da etwas eigen... außerdem hätte den bloß irgendein Ignorant mitgenommen. Das wäre es mir nicht wert gewesen.
Aber die Resonanz zu der Aktion war toll!

Das war nur der erste Streich...